Die Geschichte von LVE
Es ist vollbracht: Nach 5 Jahren, 15 Folgen, insgesamt 45 CDs und ca. 60 Stunden Musik ist die Reihe „La Vie Electronique“ vollendet und somit das Bild des Schaffens von Klaus Schulze von 1970 bis 1999 facettenreich zu Ende gemalt.
Diese Sammlung ist nicht nur beispiellos, sondern auch ein historisches Dokument der Entwicklung der elektronischen Musik; Lehrobjekt und Juwel zugleich.
Wie kam es dazu?
Im Gegensatz zu vielen anderen seiner Kollegen, wie z.B. Kraftwerk als extremes Gegenbeispiel, hat Klaus Schulze sein Schaffen nie selektiert, sondern stets zeitnah dokumentiert und veröffentlicht, was er produzierte.
Neben den schon sehr zahlreichen regulären Alben wurde, streng nach Brian Enos Devise: „Lösche nie irgend etwas“, unzählige Sessions, Liveauftritte, Studien und parallel eingespielte Tracks über die Jahrzehnte aufgenommen und auf unzähligen Bändern archiviert.
Seinem Verleger Klaus-Dieter Müller ist es zu verdanken, dass diese Schätze gesichtet, geordnet und veröffentlicht wurden.
Dies begann 1993 mit der „Silver Edition“, setzte sich dann in der „Historic Edition“ (1995), „Jubilee Edition“ (1997) und der 50er CD-Box „The Ultimate Edition“ (2000) fort.
Diese Editionen erschienen in nur kleiner Auflage und waren meist schon vor der Veröffentlichung ausverkauft.
Der Nachteil dieser Editionen war, dass sie chronologisch ungeordnet waren – ein Makel, der mit „La Vie Electronique“ beseitigt wurde.
Somit beginnt die erste Folge mit den frühen Werken um 1970 und endet mit den Arbeiten um 1999.
Neben den elementaren Tracks der vergangenen Editionen sind auch zahlreiche, bislang noch nie veröffentlichte Titel zu hören, die das Bild abrunden.
Zudem wurden sämtliche Aufnahmen noch einmal remastered und klangtechnisch auf das heutige Niveau gehoben.
„La Vie Electronique“ dokumentiert dabei nicht nur die Entwicklung und das Schaffen von Klaus Schulze, sondern auch die Entwicklung der elektronischen Musik an sich.
Deutsche Künstler wie Tangerine Dream, Kraftwerk, Neu! oder Cluster hatten in den 70er Jahren ein Genre kreiert, das, einzigartig in der deutschen Musikhistorie der Neuzeit, ohne anglo-amerikanische Vorbilder und Inspirationen auskam, sondern vielmehr eine Anti-These zum Rock’n Roll darstellten und ihrerseits zahlreiche Epigonen in anderen Kulturregionen beeinflussten.
Nicht minder interessant ist auch die technische Entwicklung: Entstanden die ersten Aufnahmen noch unter einfachsten Bedingungen (mit einer kaputten Orgel und einer Bandmaschine als Hallgerät), wird der Einsatz diverser analoger Synthesizer über die rein digitale Phase bis hin zur perfekten Verschmelzung all dieser Technologien in den späteren Jahren dokumentiert.
Warum „La Vie Electronique“ wenn man schon die klassischen Alben besitzt?
Mehr noch als die regulären Alben dient „La Vie Electronique“ als perfekter Einstieg in die Welt von Klaus Schulze.
Viel deutlicher tritt hier der unverfälschte, sich um keine Limits und Formate scherende Künstler zutage, die Experimentierfreude und die damit verbundenen Resultate sind vielfach konsequenter, farbenfroher und überraschender.
Zahlreiche Alben innerhalb dieser Kollektion, wie z.B. „Picasso geht spazieren“ (LVE 12) oder „The Cello“ (LVE 15) haben sich im Laufe der Jahre zu absoluten Favoriten bei Schulze-Fans gemausert und es scheint retrospektiv schwer nachvollziehbar, warum diese damals nie offiziell veröffentlicht wurden.
Gebrauchsanweisung
Was den geneigten Hörer bei „La Vie Electronique“ zunächst erschlägt, ist die schiere Masse des Gereichten.
Wo soll man beginnen?
Klaus Schulze selbst schlägt folgendes vor: Einfach erstmal durchzappen und dort hängen bleiben, wo es einem am besten gefällt!
In der Vielfältigkeit der unterschiedlichen Phasen seines Schaffens wird sich schnell heraus kristallisieren, welchen Klängen man zunächst intuitiv zugeneigt ist – und nach eingehender Beschäftigung zwangsläufig auf die anderen Stücke neugierig werden.
So wird sich das Bild nach und nach erweitern und die Zusammenhänge und die Entwicklung werden sich bei offenem Ohr und Geist wie von selbst erschließen.
Die hochwertigen Booklets und informativen, detaillierten Linernotes sind hier eine zusätzliche Bereicherung und Hilfe.
Somit ist „La Vie Electronique“ ein unverzichtbares Standardwerk für jeden, der sich für elektronische Musik und seine Geschichte interessiert!
Ecki Stieg
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