Liveauftritte von Manuel Göttsching sind rar gesät. Im Sommer 2018 kommt nun endlich einmal der Norden in den Genuß, “The Göttfather”, wie ihn der Guardian nannte, live zu erleben. Wer in Düsseldorf und Umgebung wohnt, konnte am 16. November in der Tonhalle einer Soloaufführung von “E2-E4″ beiwohnen.
Mit der nach der gängigsten Schacheröffnung betitelten Komposition hatte Göttsching an einem Dezembernachmittag 1981 nämlich einen wichtigen Grundstein für elektronische Musikgenres gelegt. Als er im Studio Drumcomputer, Sequencer, Keyboards und seine E-Gitarre einstöpselte und das knapp einstündiges Stück aufnahm, konnte er das alles jedoch noch nicht ahnen. Zunächst passierte nämlich nichts Auffälliges mit der Platte. Das Werk wurde erst anderthalb Jahre später veröffentlicht. Und danach zog es über die Jahre hinweg weitere Kreise.
Heute gilt “E2-E4″ als eine der wichtigsten Elektro-Platten überhaupt. Viele kennen das Stück wahrscheinlich eher in der Houseversion “Sueño Latino – Paradise Mix” des gleichnamigen Projekts aus Italien von 1989. Für eine spätere “Winter”-Version des Club-Klassikers spielte Manuel Göttsching weitere Gitarrenparts dazu ein. Hin und wieder gab es immer mal wieder einen neuen Remix wie u.a. von Derrick May oder Bushwacka.
Das Stück entpuppt sich als echter Dauerbrenner, und Göttsching erfährt jetzt späte, aber wohlverdiente Ehrung. Erst kürzlich untermalten die relaxten Klänge eine Videokampagne für französische Männermode, nachdem schon ein Jahr zuvor der Künstler selbst für ein Männermagazin abgelichtet worden war. Dann werden Manuel Göttsching, der am 9. September seinen 65. Geburtstag feierte, zwei verschiedene Briefmarkenmotive der Deutschen Post gewidmet.
Und kommenden Jahres nun das Konzert in der Elbphilharmonie. Die veranstaltet mit ihm und weiteren “Elektronauten” ein dreitägiges Festival, das auch ein Wiederhören mit der Musik seiner damaligen Krautrock-Band Ash Ra Tempel bringt. Das Konzert von Manuel Göttsching & Ash Ra Tempel Experience ist auf den 15. Juni 2018 angesetzt, dort allerdings ohne Ariel Pink. Das vorgesehene Programm war zuvor mit riesigem Erfolg im Juni 2016 beim Bad Bonn Kilbi Festival in der Schweiz aufgeführt worden, danach gefolgt von einem ausverkauften Konzert im Barbican Centre London März 2017. Im Internet waren danach nur begeisterte Zuschauerreaktionen zu finden.
Die Idee für das Programm war übrigens noch früher entstanden, für ein Konzert in Australien, das im August 2015 im Arts Center Melbourne beim Supersense Festival stattfinden sollte. Göttsching war für einen Soloauftritt gebucht, aber überdies eingeladen worden, zusätzlich gemeinsam mit weiteren Musikern weitere Stücke zu spielen. Und so kam es, dass der Ash-Ra-Tempel-Mitbegründer mit einer Combo aus jüngeren amerikanischen und australischen Musikern (Oren Ambarchi – dr, Ariel Pink – voc/b – und Shags Chamberlain – kb/syn) Musik aus den 1972er Alben “Schwingungen” und “Seven Up” präsentierte. “Zu meiner Überraschung,” erzählt Göttsching, “waren sie bestens vertraut mit den Stücken. Ich fühlte mich sofort willkommen.”
Man darf überaus gespannt sein, welchen Hörgenuß die Halle in Hamburg mit dem so hochgelobten transparenten Klang dem Elektronik-Klassiker also zu entlocken vermag.