Es gibt jenseits der populären und typischen Wave-Platten noch so viel mehr zu entdecken aus den Achtziger Jahren, insbesondere so seltene Schmuckstücke wie das Album “Survival” von HALE & HAINES. Und ein Kleinod ist das Album nicht allein für Synthi-Fans und New-Wave-Sammler – auch die Plattenfirma hat sich die Produktion seinerzeit in der Tat eine Stange Geld kosten lassen.
David Bowie hatte mit “Lodger” gerade seine Berlin-Trilogie abgeschlossen, als sich die beiden New-Wave-Protagonisten Gus Hale und Denis Haines dazu entschlossen, ihr Soloprojekt HALE & HAINES in der damals noch geteilten Mauerstadt Berlin aufzunehmen. Denis Haines hatte sein Talent als Keyboarder und Songwriter zuvor bei den Hollies, Gary Numan und der Edgar Broughton Band unter Beweis gestellt. Fast zwei Monate schlossen sich die beiden Engländer hier ein, um ihr Werk “Survival” entstehen zu lassen.
Von der Insel kamen gute Freunde, um dieses Projekt zu begleiten. Johnny Warman, damals mit dem Album “Walking Into Mirrors” und der Single ‘Screaming Jets’ (mit Peter Gabriel) in den Charts sowie Rrussell Bell (sic!) von der Gary Numan Band spielten die Gitarren ein und John “Rhino” Edwards (ehemals Judie Tzuke Band, Dexys Midnight Runners und seit 1986 bei Status Quo) am Bass.
Das Album “Survival”, 1982 zum ersten Mal bei der Polydor erschienen, gliedert sich in zwei Teile. Die ersten vier Titel, auf dem 1982er Vinyl die A-Seite, sind fett produzierter Synthie-Pop mit reichlich New-Romantic-Touch, entwickeln ihren ganz bestimmten Reiz und spiegeln den Zeitgeist Anfang der 1980er Jahre wieder.
Die B-Seite der Platte nannten sie “ihre Berlin-Seite”. Gus Hale und Denis Haines verarbeiten hier Eindrücke ihrer Streifzüge durch die geteilte Stadt, von Spaziergängen und Fahrten sowie Begegnungen in den Bezirken Kreuzberg, Neukölln und dem Wedding mit teilweise düsteren, sehr melodischen Klangbildern, die etwas an Bowies “V2 Schneider” erinnern. Die Stücke spiegeln die nachdenkliche Stimmung wider, die damals über der Stadt hing; in den Bezirken, die an die Mauer grenzten, waren seinerzeit etliche verlassene und verfallene Gebäude zu sehen – insgesamt eine Atmosphäre der Vergänglichkeit.
In den ersten Rezensionen zum Release wird denn auch vermutet, dass „die Musik des Duos nicht oberflächlich genug war, um in die Zeit zu passen“. Und „Für Raritäten-Sammler ist es … ein Muss”, aber auch für Fans von 80iger Synthi-Klängen, denn es bringt „viele Klänge ein, die weit über das übliche Spektrum hinausgehen“. HALE & HAINES „ beherrschen ihr kompositorisches Handwerk“ und das Album ist „interessant produziert“. Und ein anderer Rezensent meint, das Album böte „eine Wiederbegegnung mit dem Zeitgeist einer interessanten Epoche zwischen frühen OMD, Japan und dem erwähnten Gary Numan, in der Pop noch nicht unbedingt eine seichte Konsumware war.“
24/06/2016